Um fünf klingelt der Wecker, um halb fünf höre ich es dezent ans Fenster regnen. Na Bravo. Die befragten Wetterapps sagen für den Norden Dänemarks weiterhin Sonne voraus und zwar für den ganzen Tag. Mit einer Viertelstunde Verspätung breche ich um 6.15 Uhr auf. 340km liegen vor mir bis Henne Strand an der Nordseeküste, südlich vom Ringköbing Fjord.

Obligatorisch beginnt der Ritt mit der Rocky Horror Picture Show, einem heißgeliebten Ritual, wenn ich alleine auf Reisen gehe.

Michael Rennie was ill the day the earth stood still
But he told us where we stand
And Flash Gordon was there in silver underwear
Claude Rains was the invisible man
Then something went wrong for Faye Wray and King Kong
They got caught in a celluloid jam
Then at a deadly pace it came from outer space
And this is how the message ran
Science fiction (uh uh) double feature
Doctor X (uh uh) will build a creature
See androids fighting
Brad and Janet
Anne Francis stars in Forbidden Planet
Oh oh oh oh
At the late night double feature picture show
I knew Leo G. Carrol was over a barrel
When Tarantula took to the hills
And I really got hot when I saw Janette Scott
Fight a triffid that spits poison and kills
Dana Andrews said Prunes gave him the runes
And passing
 
Hinter Neumünster reißt der Himmel auf. In Flensburg im Scandinavianpark gibts den letzten LPG-Boxenstop. Den Tankzettel stopf ich ins Portemonnaie, was sich im Nachhinein als sehr clever erweisen wird.
 
 
Tschüß Tyskland!
 
 
Planmäßig komme ich um 10.15 Uhr in Henne an und werde von einem sympathischen Kerl begrüßt, der in natura jünger aussieht, als auf den Fotos im Internet. Das platzt auch gleich so aus mir raus und ich bekomme zur Antwort "Du bist auch ganz anders als auf den Fotos". Gesagt hat er nix, gedacht hat er vermutlich... in natura bist Du viel dicker und älter ... :-p 
Ich darf mir ein Gästezimmer aussuchen und wähle das gegenüber vom Badezimmer incl. Toi. Aus Gründen... Nach einem sehr leckeren Kaffee starten wir in einem Ford Scorpio, der anfangs etwas nach Kühlwasser riecht, gen Norden. Aufgrund des Kühlwassergeruchs fühle ich mich gleich sehr wohl, das weckt Erinnerungen an meine geliebte Rammeltonne, den Flamingo, die Wanderdüne. Ca. 275 km sind es zu "meinem Leuchtturm". Die Zeit vergeht wie im Fluge. Reden können wir beide und die Themen gehen uns nicht aus.
Der Parkplatz ist erwartungsgemäß nicht leer. Das wäre auch ein Wunder gewesen bei einem Wetter zum Helden zeugen. Im Sommer muß hier die Hölle los sein, Mitte März bei 3 Grad verläuft es sich gut.
 
 
Da isser! Auf diesem Stück des ca. 1km langen Weges hätte Ole im Rolli noch mitkommen können. Am Fuß der Düne wäre dann Feierabend gewesen. Schon aus diesem Grund war es eine gute Entscheidung, das tolle Angebot anzunehmen und den Trip durchzuziehen!
 
 
Meine Begleitung war hinsichtlich der katastrophalen Kondition vorgewarnt und vermutlich trotzdem entsetzt über mein Gejapse nach Luft. Mit hingegen fiel ein Stein vom Herzen, den Weg überhaupt geschafft zu haben, die Düne hoch"geklettert" und dann sogar noch den Turm bestiegen zu haben. Drei große Operationen 2017, die Wundheilungsstörungen über Weihnachten...am 29.12. lag ich immerhin noch im OP zur Entfernung der Vac-Pumpe, dann die Bestrahlung im Januar, der anschließende Infekt - wenn ich dran denke, von wo ich komme, bin ich fast stolz auf mich gewesen - und schweißgebadet.
 
 
Ist er nicht wunderschön? Eine ganz schlichte Form, trotzdem nicht langweilig und dazu eine atemberaubende Landschaft.
 
 
Nicht nachvollziehen kann ich die Überlegungen, den Turm evtl. abzubauen und woanders wieder aufzubauen. Das ist in meinen Augen Blödsinn. Es gibt viele Leuchttürme an der Küste und der Reiz dieses Feuers liegt an der Geschichte und der Sanddüne. Wenn er irgendwann zu dicht am Wasser steht, dann muß man ihn sperren und er sollte irgendwann einfach die Düne hinabstürzen. Fertig. Das war es dann. Menschen sind vergänglich. Und dieser Leuchtturm eben auch.
 
 
 
Laut TripAdvisor und Google halten sich Menschen eine halbe Stunde an diesem Ort auf. Das ist kurz. Ich konnte mich kaum trennen von meinem Leuchtturm. Am Meer, der Küste und dem Landesinneren konnte ich mich nicht satt sehen. Und auch um den Turm herum ist es faszinierend. Ein magischer Ort! Oder wie man in einigen "Bewertungen" lesen kann: voll unordentlich ist es da, weil überall die Steine von den ehemaligen Gebäuden rumliegen, die den Turm umgaben. Merke: die Dänen sind unordentlich! ;-) (Ja, nee -is klar).
 
 
Alle Fotos findet Ihr HIER.
 
 
Geschafft! Ich hab es endlich geschafft! Juhu. YES!!!
 
 

Um kurz vor acht waren wir zurück im Ferienhaus. Ich hatte tatsächlich Stimmprobleme vom Quatschen - heiser gequatscht... Wahnsinn. Also langweilig war es nicht. ;-) Und dann wurde ich noch bekocht. Lecker Chili con carne gab es.

 

Rund 890km hab ich heute zurück gelegt. Und jeder Kilometer war es wert! Eine Sterbende hat den Sterbenden besucht. Und so wie ich beabsichtige, den Zeitpunkt noch sehr lange hinauszuzögern, hoffe ich, "mein Leuchtturm" schafft es auch noch ein Weile. ♥♥♥

Danke, lieber Jens für diesen großartigen Tag!


Wikipedia

Gajer.com

Rubjergknude.dk

visitnordjylland.com

visitdenmark.de

Tripadvisor

Sandmanns-welt.de

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